Kategorie-Archiv: Rezensionen

Stanisław Seyfried – Smaragd Jubilee Danziger Künstler Barbara und Andrzej Piwarski – 2017

Barbara und Andrzej Piwarski, Danzig Künstler, feierte den 55. Jahrestag des Ehelebens.

Es ist 55 Jahre gewesen eheliche Lebensgemeinschaft, die Jahre eine gemeinsame kreativen Leistungen Gebäude, Opfer sind die Jahre im Exil, Sehnsucht, Kampf für eine neues Polen und harte künstlerische Arbeit in Schweden, Deutschland und Spanien. Es ist eine Menge von Ausstellungen in ganz Europa und schließlich wieder zurück geliebtem in Danzig zu bleiben. Hier, selbst in Frieden zu seinem eigenen zurück, im Fall von Barbara Assemblagen, Collagen und ständig eröffnen neuen Kunstraum, und im Fall von Andrzej Geste zu den Tagen der Kunst, expressiver Abstraktion mit einem Hauch von Farbe ihrer Professoren Stanisław Teisseyre und Jacek Zulawski. Brilliant Professoren, Universität Danzig, die sie die künstlerische Leitung der künftigen Aktionen gab. Diese langjährige Erfahrung übersetzt in ein relativ ruhigen Leben und die Teilnahme an Ausstellungen, in denen Künstler bereit sind, teilzunehmen. Die Aktivität der Malerei jedoch zwischen seinem Berliner Atelier und Haus in Danzig geteilt, wo Sie die meiste Zeit verbringen. „Spuren und Hopes“ letzte Show Andrzej Piwarski Spill-over viele berührende Momente von mehreren Generationen von Polen nun für die nächste vorzubereiten. Das Rathaus  Bürgermeister von Danzig unter vielen anderen Paaren im Namen des polnischen Präsidenten vergab eine Erinnerungsmedaille anlässlich des 55. Jahrestages des Ehelebens. Es gab Blumen, Champagner und ein wunderbares Konzert Solisten Baltic Opera.

Barbara Ur-Piwarska i Andrzej PiwarskiBarbara Piwarska Ur und Andrzej Piwarski

MARTIN SCHÖNFELD- aus dem Katalog ” Andrzej Jan Piwarski – Malerei, Graphik- ZEITSPUREN – Jubiläumsausstellung – 70.Geburststag 1938 – 2008″, Rathausgalerie Tempelhof – BERLIN 2008

Die Materie sprechen lassen

Andrzej Jan Piwarski zum 70. Geburtstag

Siebzig Jahre im Leben stehend, fünfzig Jahre als Künstler aktiv, mehr als vierzig Jahre im internationalen Ausstellungswesen vertreten – das ist die bisherige, beeindruckende Bilanz von Andrzej Jan Piwarski, die nicht verrät, welche Umstände damit oft verbunden waren. In diesem Gesamtwerk ist ein Alterstil noch längst nicht erkennbar. Wollte man sein derzeitiges Schaffen dazu zählen, dann hätte Piwarskis Spätwerk schon vor fast zwanzig Jahren begonnen. Zwar ist die früher expressive Handschrift allmählich einer ruhig-reflektierenden Malweise gewichen und sind seine Werke lyrischer geworden. Aber mit dieser Entwicklung ist ihm das zentrale Thema der “Zeitspuren” nicht abhanden gekommen und hat in seinem Schaffen an Bedeutung nichts eingebüßt. Das Wort “Zeitspuren” selbst verdeutlicht, welchen Stellenwert die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Zeitlauf für ihn einnimmt.

Für die Durchdringung der Zeitlichkeit, für die Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Gegenwart in einem Bild, ist das Motiv der Wand ein sehr bedeutsames für Andrzej Jan Piwarski geworden. Schon Leonardo da Vinci empfahl jungen Malern, die Flecken an einer Wand zu studieren, denn sie seien voller Bilder. Bei der Betrachtung der Malereien von Andrzej Jan Piwarski möchte man meinen, er habe sich diesen Rat zu Herzen genommen. Viele seiner Werke verdichten die von Leonardo angesprochenen Bilder auf Wänden zu neuen Kunstwerken. In vielen Schichten trägt er die Farben auf, mischt den Farben Sand, Kohlenstaub und vor allem Marmormehl bei, so dass seine Malereien eine sehr feine und besondere Plastizität auszeichnet. Die Töne unterer Farbschichten werden wie in einem Sgraffito an die Oberfläche hervorgekratzt. Striche, Buchstaben, Wörter formen grafische Strukturen. Aber sie können nicht entziffert werden. Durch die vielen Malschichten verlieren sie ihre Lesbarkeit. Mit feinen Lasuren erreicht Piwarski die Blässe des Verblichenen; er lässt die Aufschriften wie durch Wind und Wetter ausgewaschen wirken.
Andrzej Jan Piwarski legt in seinen Malereien eine zeitliche Distanz aus: Unter den vielen Farbschlieren sind immer noch ältere Bildschichten zu erkennen. Die Schriften werden dabei immer archetypischer. Auch die Zeichen verlieren allmählich ihre Zeichenhaftigkeit und können nicht mehr eindeutig einer bestimmten Sprache oder einer bestimmten Kultur zugeordnet werden. Den Betrachter versetzen diese Werke in die Rolle eines Archäologen, denn die Betrachtung wird zu einem Prozess der visuellen Recherche. Piwarski’s Malereien werfen Fragen auf, deren Beantwortung nur der Betrachter selbst erahnen kann.

Während die älteren Werke eine bewusste künstlerische Gestik auszeichnete, nimmt Piwarski in seinen jüngeren Malereien die individuelle Handschrift zugunsten einer sich verstärkenden meditativen, in die Fläche arbeitenden Bildwirkung zurück. Vor allem das durch die Materialbeimischung erzeugte feine Oberflächenprofil seiner Bilder, lässt die verschiedenen Farbschichten ansichtig werden.

Ein dichter Blick auf die Werke Piwarkis fühlt sich an den rauen Putz mancher Hauswand erinnert. In dieser Materialität zeigt sich Leben unmittelbar und vielschichtig. Es ist ein direkter Ausdruck von Wirklichkeit. Deshalb reichen die Werke Piwarskis über Fragen der Form und der Komposition hinaus und offenbaren sich als ein von der Materie ausgehender, unmittelbarer Realismus. Ein Realismus, der in einer Traditionslinie mit der existenzialistischen, informellen Malerei der Nachkriegszeit, aber auch des “nouveau réalisme” der 1950er/1960er Jahre steht.

Der Realismus, den Andrzej Jan Piwarski in seinen Werken praktiziert, ist vor allem ein fundamental anderer als derjenige, den man ihm lehren wollte. So revoltierte er in den 1960er Jahren an der Kunstakademie Danzig gegen die vorherrschenden Dogmen eines kleinbürgerlichen Akademismus, der sich als sozialistisch und realistisch ausgab. Piwarski widersetzte sich den Gesetzen und Normen einer politisch instrumentalisierten Kunst. Den programmatisch ausgerufenen sozialistischen Realismus führte er in seinem Schaffen auf eine materialistische Grundlage zurück. So konfrontierte er den Überbau mit der Basis und erkannte darin die Malerei als ein Bollwerk der Freiheit. Dass er in den 1970er und 1980er Jahren in Gdansk auf der Seite von Solidarnosc stand, erweist sich als folgerichtig. Die starren Grenzen der Staatenblöcke zu überwinden, nahm er für sich als ein Menschenrecht in Anspruch. Die Möglichkeit eines System- und Perspektivenwechsels gehörte für ihn zum Leben hinzu. Bereits seit 1973 lebte, arbeitete und stellte Andrzej Jan Piwarski in anderen europäischen Ländern aus. Deshalb bewegte sich sein künstlerisches Schaffen immer in einem europäischen Kontext. Die Tradition der klassischen Moderne und das damit verbundene Ethos einer kultivierten Malerei wollte Piwarski nicht ignorieren.

Piwarski arbeitet im Kontext eines zeitgenössischen Realismus, der nicht konstruiert werden muss, sondern sich auf die Dinge, Objekte, Medien und Existenzen der Gegenwart konkret bezieht. Den Betrachtern die Augen zu öffnen für die Wirklichkeiten der Gegenwart und ihren Beziehungen zu den Formen der Vergangenheit, das ist ein wichtiges Anliegen seiner Werke. Dabei spielt die Materie eine besondere Rolle: Sie ist nicht nur Arbeitsmaterial, sondern auch Ausdrucksträger und Symbol. So könnte man seine Werke als einen “realistischen Materialismus” pointieren, denn Piwarski lässt die Materie selbst sprechen. Damit gelingt es ihm immer wieder, in dem Gegenwärtigen das Vergangene zu entdecken und aus dem Vergangenen Perspektiven für unsere Gegenwart und Zukunft zu entwickeln.

An der Zukunft arbeitet Andrzej Jan Piwarski schon seit einiger Zeit in einer ganz konkreten Weise: 1992 gründete er zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Barbara Ur, das Europäische Kunstlaboratorium Tuchomie in Polen. Es entwickelte sich zu einem Treffpunkt von Künstlerinnen und Künstlern aus vielen Ländern. So verstand sich Andrzej Jan Piwarski nicht nur als ein polnischer Künstler, sondern stets auch als ein europäischer Künstler, der mit seinem eigenen Handeln dazu beiträgt, Grenzen und Gegensätze zu überwinden. Diese und andere Projekte zeugen von Andrzej Jan Piwarskis Energie und ungebrochener Kreativität, mit der er sich immer wieder auf neue Herausforderungen einlässt. Unterstützung, Inspiration und Ansporn dabei ist ihm seit mehr als vierzig Jahren die Künstlerin Barbara Ur, seine Frau. Sie beide zusammen haben sich 2005 einer neuen Herausforderung gestellt und ihren Lebens- und Arbeitsort nach Berlin verlegt. Man darf gespannt sein, welche Entwicklung diese “Situation Berlin” ihren Werken geben

MARTIN SCHÖNFELD- aus dem Katalog ” Andrzej Jan Piwarski – Malerei, Graphik- ZEITSPUREN – Jubiläumsausstellung – 70.Geburststag 1938 – 2008″, Rathausgalerie Tempelhof – BERLIN 2008

MARTIN SCHÖNFELD- aus dem Katalog “Barbara Ur – Andrzej Jan Piwarski – Zeitspuren – Konstruktionszeit”Galerie Schwartzsche Villa, BERLIN 2007

Rückbesinnungen in Malerei und Plastik. Barbara Ur und Andrzej Jan Piwarski in der Schwartzschen Villa.

An ein gemeinsam geschaffenes Kunstwerk können sich Barbara Ur und Andrzej Jan Piwarski nicht erinnern. Zwar bewegen sie sich seit 40 Jahren als ein Künstlerpaar in der europäischen Kunstöffentlichkeit; seit fast 40 Jahren stellen sie zusammen aus, und 1992 haben sie gemeinsam das Europäische Kunstlaboratorium Tuchomie in Polen gegründet. In ihrem künstlerischen Schaffen gehen sie aber ihre eigenen, ihre individuellen Wege. Und schon ein kurzer Blick auf ihre Werke verdeutlicht die Gegensätze: Barbara Ur neigt dem Experiment zu und sprengt in ihren Bildern und Skulpturen die Grenzen der Mal- und Oberflächen ganz bewusst auf. Andrzej Jan Piwarski schafft dagegen viel stärker aus der Tradition der klassischen Moderne heraus, und aus seinen Bildern spricht das Ethos einer kultivierten Malerei. Während die Werke von Barbara Ur ein impulsiver Neoexpressionismus auszeichnet, sind die Malereien von Andrzej Jan Piwarski einem lyrischen Realismus verbunden. Barbara Ur strebt eine deutliche Aussage an, Andrzej Jan Piwarski’s Gemälde kennzeichnet ein reflektierender Arbeits- und Betrachtungsprozess. Die künstlerischen Unterschiede des Künstlerpaares Ur-Piwarski, das seit 2005 in Berlin ansässig ist, können also nicht deutlicher sein.

….Ein wichtiger künstlerischer Ausgangspunkt sind für Andrzej Jan Piwarski die Städte. Verdankt er doch den alten Städten, ihren Bauten und deren verblichenen Fassaden viele Anregungen für sein Schaffen. Vor allem die allmählich bröckelnden Wände der historischen Bauten, die nicht alle fünf Jahre einen frischen Anstrich erhalten, haben es ihm angetan. In seinem Zyklus “Zeitspuren” greift er ihr Erscheinungsbild auf und spürt den darin inne liegenden Geschichten nach. Die sich mit den Tagen, Wochen, Monaten, Jahren, Jahrzehnten in die Wände eingegrabenen Zeichen des Zeitlaufs – Parolen, Plakate, Schrammen, Verschmutzungen – erkennt er als Symbole der Veränderung. In seinen Malereien verdichtet er diese Zeitspuren zu komplexen Kompositionen. In vielen Schichten trägt er die Farben auf, mischt den Farben Sand und vor allem Marmormehl bei, so dass seine Malereien eine sehr feine und besondere Plastizität auszeichnet. Die Töne unterer Farbschichten werden wie in einem Sgraffito an die Oberfläche hervorgekratzt. Striche, Buchstaben, Wörter formen grafische Strukturen. Aber sie können nicht entziffert werden. Durch die vielen Malschichten verlieren sie ihre Lesbarkeit. Mit feinen Lasuren erreicht Piwarski die Blässe des Verblichenen; er lässt die Aufschriften wie durch Wind und Wetter ausgewaschen wirken. Während sich seine Kompositionen lange Zeit im Bildzentrum verdichteten, gewinnen sie neuerdings eine immer größere Offenheit. Es scheint, als wolle Piwarski die zeitliche Distanz seiner Bildspuren ausweiten, denn sie treten immer stärker zurück. Seine Werke werden immer lichter: Weiße, helle Töne und ein mildes Grau gelangen immer öfter und immer stärker zur Anwendung. So gewinnen die Werke an Transzendenz, sie werden zeitloser, ihre Zeitspuren werden immer archetypischer. Auch die Zeichen verlieren allmählich ihre Zeichenhaftigkeit und können nicht mehr eindeutig einer bestimmten Sprache oder einer bestimmten Kultur zugeordnet werden. Den Betrachter versetzen diese Werke in die Rolle eines Archäologen, denn die Betrachtung wird zu einem Prozess der visuellen Recherche. Piwarski’s Malereien werfen Fragen auf, deren Beantwortung nur der Betrachter selbst erahnen kann.

Als künstlerische Rückbesinnungen in Malerei und Plastik können die Werke von Barbara Ur und Andrzej Jan Piwarski aufgefasst werden. Sie befassen sich mit gestalterischen Bezügen zu dem Vergangenen und Vergessenen. Ihre Fragen an die neuere und ältere Geschichte formen sie mit Mitteln und Objekten der Gegenwart, die ihnen als Brücken zur Vergangenheit dienen. Damit eröffnen sie aber eine ganz realistische Perspektive: Ur und Piwarski arbeiten im Kontext eines zeitgenössischen Realismus, der nicht konstruiert werden muss, sondern sich auf die Dinge, Objekte, Medien und Existenzen der Gegenwart konkret bezieht. Den Betrachtern die Augen zu öffnen für die Wirklichkeiten der Gegenwart und ihren Beziehungen zu den Formen der Vergangenheit, das ist ein wichtiges Anliegen beider künstlerischer Ansätze. In dieser künstlerischen Haltung vereinen sich die vordergründig so unterschiedlichen Arbeitsweisen und Handschriften: In dem Gegenwärtigen das Vergangene zu entdecken und aus dem Vergangenen Perspektiven für unsere Gegenwart und Zukunft zu entwickeln – dieses Wechselspiel von Heute und Damals schweißt die zwei Künstlerindividualitäten Ur und Piwarski zu einem Künstlerpaar zusammen.

MARTIN SCHÖNFELD- aus dem Katalog “Barbara Ur – Andrzej Jan Piwarski – Zeitspuren – Konstruktionszeit”Galerie Schwartzsche Villa, BERLIN 2007

VERONIKA GRABE, Essen – Verleihung des Kavalierskreuzes des Verdienstordens der Republik Polen an Andrzej Jan Piwarski – Generalkonsulat der Republik Polen in Köln – 23.3.2004

Ausstellungseröffnung: “Umformung des Raumes” Barbara Ur und Andrzej Jan Piwarski

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir eine Ehre und große Freude, anlässlich der heutigen Ausstellungseröffnung, die Künstler, deren Werke hier zu sehen sind, persönlich vorstellen zu dürfen.

Bescheiden wie sie sind, haben Barbara Ur und Andrzej Piwarkis ihre Ausstellung “Umformung des Raumes” genannt. Wie sie gleich sehen werden, haben sie es nicht bei einem Raum belassen, sondern gleich zwei Etagen und beinahe ein ganzes Gebäude umgestaltet.

…Diese Schaffenskraft ist typisch für das Künstlerpaar, das sich seit den 70er Jahren mit der Umformung des Raumes zwischen dem polnischen Danzig im Osten, der Ruhrgebietsstadt Essen im Westen und vielen anderen europäischen Stationen zwischen Schweden und Spanien beschäftigt.

…Anfang der 70er Jahre hatten Barbara Ur und Andrzej Piwarski bereits für eine ganze Reihe von Ausstellungen in Polen positive Kritiken geerntet. So kam es 1973 zur ersten Auslandsausstellung in der Galerie Eternelle in Stockholm. Ein einjähriger Aufenthalt in Schweden war die erste Möglichkeit, die Grenzen und Begrenzungen des Heimatlandes hinter sich zu lassen.

Im Juli 1974 kam in Münster die erste Ausstellung in Deutschland zustande. Aufgrund ihres großen Erfolges folgten eine ganze Reihe weiterer Ausstellungen in zahlreichen Städten Westdeutschlands und 1976-1980 die Möglichkeit für beide Künstler einen Lehrauftrag für Malerei und Plastisches Gestaltung der Fachhochschule Münster wahrzunehmen.

…Seit Anfang diesen Jahres leben Barbara Ur und Andrzej Piwarski in Berlin – sicher kein falscher Ort für Menschen die gleichermaßen im Westen wie im Osten zuhause sind. In Berlin und Brandenburg begegnen ihnen Menschen, die mit ihnen die Erfahrung teilen, einen politischen Systemwechsel erlebt zu haben. Städte und Landschaften haben, genau wie in Polen, dramatische Umformungen erfahren. Und der Wandel ist nicht abgeschlossen, denn er ist längst Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Der Mensch muss sich darin verorten – hin und her gerissen zwischen dem immer fortschreitenden Untergang von Altem und dem immer nur begonnenem Neuen. Ich glaube, die Arbeit beider Künstler hat viel genau damit zu tun.

…Andrzej Piwarski hat in der langen Zeit seines künstlerischen Schaffens schon viele Metamorphosen durchlaufen. Hier zu sehen sind Gemälde, die seine Entwicklung seit Anfang der 90er Jahre zeigen. Wer schon einige dieser Bilder gesehen hat, wird es vielleicht verwundern, wenn ich sage, dass Andrzej Piwarski in seinen aktuellen Werken für mich ein virtuoser Landschaftsmaler ist. Auch wenn damit sicher nicht allen Aspekten seiner Werke Rechnung getragen wird, führt die Landschaftsmalerei doch zu den Anfängen des Künstlers an der Kunstakademie Danzig zurück. Man kann einen interessanten roten Faden entdecken, der alle Wechsel in der Biographie überdauert.

Andrzej Piwarski hatte als einziger Student an der Akademie die Erlaubnis, auch wenn Aktstudien auf dem Lehrplan standen, Landschaften zu malen. Seine Begeisterung und sein Talent für die Landschaftsmalerei waren unübersehbar. Dabei interessierte ihn nicht so sehr die Idylle, sondern die Spuren des Menschen in der Landschaft. So war nicht die Natur an sich Gegenstand der Malerei, sondern die Natur als Umwelt des Menschen. Andrzej Piwarski blickte auf die Spuren der Vergangenheit, die auf die Anwesenheit des Menschen und seines Einflusses verwiesen. Stadtlandschaften werden ein typisches Motiv.
Polen war bereits seit den Streiks 1970 ein Land, in dem die Frage nach der Zukunft immer öfter und lauter gestellt wurde. Wie die Zukunft aussehen kann, lässt sich aus der Gegenwart eines Landes, in der Presse und Geschichtsschreibung instrumentalisiert werden, noch schwieriger mutmaßen als ohnehin schon. Die Vergangenheit kann hilfreich sein, eigene Wesensmerkmale zu begreifen und Hinweise für die Zukunft zu finden. Wenn Andrzej Piwarski Spuren der Vergangenheit in seinen Landschaftsbildern festhielt, war das auch immer eine Suche nach Zukunft.

Die Umwelt des Malers begann sich zu wandeln. Das erstarrte politische System sah sich Menschen gegenüber, die für eine Veränderung eintraten. Andrzej Piwarski wollte auch diese Szenerie dokumentieren. So nahm er den Menschen in seine Bilder auf. Dabei interessierte ihn zunächst die Idee, der Gedanke, der Wunsch oder die Sehnsucht die Einfluss auf die Umwelt nahmen. Menschen symbolisierten in den Bildern hauptsächlich ihre Ideale, ihren Willen oder ihre Gefühle. Doch für die Entwicklung in Polen wurden einzelne Menschen immer entscheidender. Eine Reihe faszinierende Porträts von Lech Walesa ist ein Beispiel dafür, wie die Darstellung des Menschen in Andrzej Piwarskis Werk Teil der Dokumentation seiner Umwelt sind.

Neben Landschaftsmalerei und dem Menschen als Teil einer inhaltlich gefassten Umwelt findet sich noch eine dritte Säule in Andrzej Piwarskis Werk. Immer wieder taucht das warme Licht eines mediterranen Landes, sandige Strukturen, sonnengebleichte Oberflächen und lebendige und harmonische Farbkompositionen auf. Ein Titel wie “Ferien in Katalonien” gibt einen biographischen Hinweis. Doch die Gemälde sind nicht einfach Urlaubserinnerungen, sondern stellen der vom Menschen konstruierten Landschaft und dem Porträt ihrer Konstrukteure eine gefühlvolle und wohlklingende Utopie gegenüber. Mal wirkt diese Utopie wie ein schöner Traum, mal wie ein konkretes Ziel, auf das man sich nur zu bewegen muss.

In den Werken, die Andrzej Piwarski hier ausstellt, sind für mich alle drei Säulen seines Schaffens zusammengeführt. Die Umwelt des Künstlers hat sich seit den 90er Jahren erneut drastisch verändert. Werbung, Medien und der Einfluss des Internets sorgen für einen kontinuierlichen Informationsüberfluss, der nun ebenfalls Teil der Umwelt des Künstlers ist. Doch noch immer ist Andrzej Piwarski von Landschaften, Städten, Häusern und Fassaden fasziniert, die nach wie vor Teil unserer Umwelt sind. Der Mensch ist in den Bildern fast nur noch ikonenhaft oder in Form seiner Symbolsysteme präsent, die immer stärker unsere Umwelt prägen und so in ein Landschaftsbild Andrzej Piwarski einfach hineingehören.

Die Umformung des Raumes, der ihn umgibt, wird vom Menschen überall vorangetrieben. Oft übersieht er dabei sich selbst, seine Geschichte und die zerstörerischen Aspekte seines Handelns. Doch der Wandel ist nicht aufzuhalten und Teil des Menschen der Gegenwart. Barbara Ur und Andrzej Piwarski dokumentieren das und beteiligen sich eifrig, wie sie hier heute und noch bis zum 7. Juni sehen können.

GERRIT HERMANS -11.05.2006 Einführung zur Ausstellung “UMFORMUNG DES RAUMES” – Barbara Ur und Andrzej Jan Piwarski – Malerei, Plastik, Grafik – Galerie im Kreishaus – LUCKENWALDE

Ein Laudatio, also eine Lobrede zu halten, kann manchmal ein riskantes Unterfangen sein. Das Risiko beschränkt sich nicht nur auf die Möglichkeit, einige wichtigen Daten aus dem Leben und dem Werk des Ausgezeichneten vergessen zu erwähnen, aber könnte auch das Eigenbild der Person nicht, wie erwartet, wiederzugeben. Die Voraussetzung für das Vermeiden dieser Fehler ist doch, wie anzunehmen wäre, eine gute Kenntnis dieser Person. Kann man jedoch jemanden so gut kennen?
Andrzej Piwarski kenne ich seit 1984, also seit zwanzig Jahren und ich danke Dir Andrzej für Dein Vertrauen, über Dich an diesem Ort sprechen zu dürfen.

Andrzej Jan Piwarski, ein Künstler, ein engagierter politischer Mensch, ein Organisator, ein Ehemann, Vater und Großvater – ein vielfältiger und vielseitiger Mensch.

Das Künstlerische ist ihm in die Wiege gelegt worden. Diese Aussage stützt sich auf die Annahme, dass ein Talent vererblich sei. Andrzejs berühmter Vorfahrer Jan Feliks Piwarski, er lebte zwischen 1794-1859 war ein hochgeschätzter Maler, Lithograph und Zeichner, Professor an der Hochschule in Warschau.
Andrzej Jan Piwarski, geboren 1938 in Warschau entwickelte und unterstützter sein Talent mit einer soliden Ausbildung in den Jahren 1960 – 1966 an der Hochschule für Bildende Künste in Danzig/Gdansk. Zu seinen bekannten Lehrern gehörten u.a. Prof. Stanislaw Teisseyre und Jacek Zulawski.

In den siebziger Jahren lebte die Familie in Polen aber die Schranken des Staates waren für den jungen Künstler zu eng. Einem einjährigen Aufenthalt in Schweden folgen Aufenthalte in Deutschland, wo auch seine pädagogischen Fähigkeiten zu Wort kamen.
1979 – 1980 unterrichtete Andrzej Piwarski Malerei an der Hochschule für bildende Künste in Münster, später wurde er Stipendiat des Kommunalverbandes Ruhrgebiet und dieser Kontakt mit Essen und dem Ruhrgebiet bleibt nicht ohne Folgen.
Piwarskis (Andrzej, Barbara eine Künstlerin, bekannt unter dem Künstlernamen Barbara Ur und ihr Sohn Krzesislaw Tomasz) blieben in Essen.
Zu den pädagogischen Erfahrungen gehört auch die Tätigkeit als Dozent zwischen 1987 und 1991 an der Europäischen Sommerakademie der Hochschule für Bildende Künste in Luxemburg und in den letzen Jahren in Tuchomie in Polen.

Bis zu seiner Emigration aus Polen hatte Andrzej Piwarski einige Duzend Individuelle und Gruppenausstellungen in Polen und im Ausland hinter sich. Weitere Ausstellungen folgten in Deutschland in und vielen anderen europäischen Ländern.
Piwarski ist ein Maler, Grafiker, Zeichner, Bildhauer.

Andrzej Jan Piwarski als Künstler zu beschreiben, die Vielfalt seiner künstlerischen Metamorphosen zu erfassen, verlangt einer gründlichen Analyse. Diese versuchten viele Kunstkritiker zu unternehmen und heute werden wir noch einiges darüber hören.

An dieser Stelle möchte ich nur an die zahlreiche Quellenliteratur zum Thema Andrzej Jan Piwarski hinweisen. In über zwanzig Katalogen, die begleitend zu einigen der Duzenden Ausstellungen herausgeben wurden, sind unzählige Rezensionen erschienen, weitere sind in Fachzeitschriften und Zeitungen zu finden. Zwei Diplomarbeiten befassen sich mit seinem Werk.
Der Name Andrzej Jan Piwarski fand Zugang zu vielen Lexika.

In seinen Werken: Ich zitiere nach Ortwin Görtz: bafaßt Sich Andrzej Jan Piwarski sich mit der Empfindungswelt des modernen Menschen, mit seinen Zivilisationsproblemen in einer technologisch geprägten Stadtlandschaft, die als Symbol für Fortschritt und gesellschaftliche Gefährdung gleichermaßen angesehen wird.”

In einem Interview, das ich vor fast zehn Jahren mit Andrzej Piwarski geführt habe, nannte er die expressionistische Ausdrucksform und ein ständiges Suchen nach individueller Ausdrucksform eine gemeinsame Klammer für seine Themenmetamorphose. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Faktur, die Faszination für Raum, Licht und Schatten. “Meine Kunst stützt sich auf Emotion und nicht auf mathematische Berechnungen”, sagte er damals.

Wahrscheinlich durch Emotionen geleitet und als guter Beobachter der politischen und gesellschaftlichen Szene in Polen, konnte Andrzej Piwarski in Zeiten der politischen Verfolgungen nicht untätig bleiben.

Seit den achtziger Jahren ist die Atelierwohnung in der Alfred Straße in Essen, in einem vom Krieg verschonten Bürgerhaus, ein Geheimtipp für Liebhaber der Kunst, für Menschen, die nach Geborgenheit suchten, für die Hungrigen nach Gesellschaft und Gespräch gewesen.

Die Ausrufung des Kriegszustandes 1981 brachte für den Künstler Isolation von Polen. Tausende von Polen befanden sich in Deutschland, viele im Ruhrgebiet. Intellektuelle, mit großer Empfindsamkeit suchten nach neuen Wegen und Formeln für ihr neues leben in der Emigration. Die meisten von ihnen haben bald, dank der guten Ausbildung, einen beruflichen Anschluss gefunden aber befanden sich noch in einer Leere, die einerseits aus der Unkenntnis des Funktionierens der neuen Gesellschaft resultierte, anderseits durch die fast totale Isolation von Polen, von ihren Wurzeln verursacht wurde .Im Hause von Piwarskis, wo der Geruch nach frischer Farbe etwas Animierendes an sich hatte und das Gefühl von permanenter Suche nach neuen Ideen ansteckend wirkte, fühlte man sich nicht allein gelassen.

Da entstand die Idee der “Begegnungen in unserem Hause” (Spotkania w naszym domu), die Idee eines Salons. Das Haus – bisher Atelier und Wohnung der Familie Piwarskis wurde zum Ort, der für alle, die nach intellektuellem Austausch suchten, offen stand. Ort für Diskussionen, für Begegnung mit Künstlern, Literaten, Politikern in der Emigration, politisch Verfolgten und Menschen, die bereits im Ausland ermutigende Erfolge erzielt hatten.

Nur im Jahr 1985 fanden vier dieser Art Begegnungen statt. Das Haus diente als Hotel, als Galerie, als ein Bewirtungsraum Diskussionsforum und oft als Herberge für die, die nicht schlafen gehen wollten. In diesem Hause konnten die eingeladenen Gäste u.a. die bereits kurz danach gestorbene Poetin Barbara Sadowska kennenlernen, Mutter des ermordeten Grzegorz Przemyk, Lothar Herbst, Emil Morgiewicz, Lukasz Czuma, Vertreter der polnische Exilregierung und viele andere. Für diese Zeit der Begegnungen möchte ich Euch Barbara und Andrzej bei dieser Gelegenheit noch einmal persönlich herzlich danken. In Eurem Hause trafen sich Menschen, die Freundschaften schließen, die bis heute andauern.

Die politischen Ereignisse, die sich damals in Polen abspielten, blieben nicht ohne Einfluss auf die Arbeiten von Andrzej Piwarski. Der Zyklus über Grzegorz Przemyk zeigen Bilder über einen jungen Menschen, der fliegen wollte, der die Gipfel erreichen wollte aber fällt in Richtung eines Abgrundes. Er soll nicht sterben – sagen die Bilder aus. Andere Begegnungen begleiteten Bilder des ermordeten Pfarrer Popieluszko. Es war eine höchst politische Zeit für die Emigranten, in der Andrzej Piwarski sich auch politisch engagierte.

Er organisierte zahlreiche Manifestationen, Veranstaltungen und Symposien gegen das Kriegsrecht in Polen sowie Manifestationen in Deutschland, Norwegen, Frankreich und Großbritannien für die Befreiung der durch das kommunistische Regime unterdrückten Völker. Er ist Mitbegründer und jahrelanger Vorsitzender und Vorstandsmitglied des “Christlichen Dienstes für die Befreiung der Völker”, (von 1982-1993),

Mitinitiator und Organisator der Befreiungsmärsche von Carlsberg nach Schloss Hombach (1983-1985) und 1988- 1989.

Er gründete die Vereinigung der Polnischen Bildenden Künstler in Deutschland, deren Vorsitzender er bis heute ist.

1985 – nahm er an dem Kongress der polnischen Kultur in London teil.

Präsidiumsmitglied des Kongresses der Polen in Deutschland.1992-1994,

Mitbegründer der Landesvereinigung der polnischen Organisationen in Nordrhein Westfalen

Mitglied der Revisionskommission im Polnischen Rat in Deutschland.

Seit 1966 Mitglied des Polnischen Künstlerverbandes in Polen

Mitglied der Gewerkschaft für Bildende Künstler IG Medien seit 1982

Mitglied des Europäischen Kreis der Kunstförderung in Luxemburg CEPA

Es ist nur eine Auswahl seines politischen Engagements.

Die Tradition der Begegnungen im Hause Piwarskis überdauerte viel Jahr.

Eine neue Zäsur im Leben von Andrzej Piwarski stellte die politische Wende da. Einen Tag nach der Umbenennung durch den Sejm der Volksrepublik Polen in die Republik Polen fuhren die Piwarskis nach vielen Jahren Abwesenheit nach Polen.

Die Ungewissheit, wie er empfangen wird, ob bei einigen Kollegen der Neid nicht entsteht, ob seine Kunst Anerkennung findet, ob sie nicht entfremdend wirken wird, verschwand mit der bereits im August 1990 im Danziger Rathaus organisierten Ausstellung über das Schaffen von Andrzej Piwarski im Ausland.
Die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernahm dem damaligen Vorsitzenden der Solidarnosc Lech Walesa.
Der Erfolg war groß und über eine Bestätigung und Anerkennung zeugten die nächsten Ausstellungen in vielen anderen polnischen Städten (mit Barbara Ur und Sohn Tomasz). ..
Sie sind wieder in Polen, in ihrer Heimat angekommen. Ihre Tätigkeiten in Polen in Deutschland sind vom großen Medieninteresse beider Länder begleitet worden. Der Traum von Andrzej, zwei Zuhause zu haben – eins in Deutschland, ein in Polen ist in Erfüllung gegangen.
Andrzej Piwarski wurde Vermittler zwischen den Künstlern aus Deutschland und Polen.
Jedoch wer die Piwarskis kennt, konnte schon damals vermuten, dass ihre Tätigkeit sich nicht nur auf das Künstlerische begrenzen wird.

So ist bald die Idee von Gründung eines Europäischen Kunst Laboratoriums (Europejskie Laboratorium Sztuki) in Tuchomie geboren worden.
In einer Ortschaft, die in der tiefen Provinz der Kaschuben liegt, die verschlafen und unbedeutend wirkte, schweigend von der Anwesenheit von Kunst.
Piwarskis verliebten sich in der Stille des Ortes mit Wäldern, Wiesen und Seen.
Einige Zeit danach bevölkerte eine bunte Schar von internationalen Künstlern diesen Ort. Tuchomie wurde bekannt.

Michael Zimmermann, einer der Teilnehmer der jährlich stattfindenden Symposien in Tuchumie schrieb im 1996: ” Dieses Tuchomie hat einen sprachlichen Klang, wie Musik in hügeligen Landschaft. Und dann bin ich auch schon da, inmitten der Kornfelder, der blühenden Wiesen, im Auf und Ab sanfter Hügel, dazwischen kleine Wäldchen, verborgene Wassertümpel und Seen. Bis heute, auch dank anderen Initiativen, die durch die erste inspiriert wurde, profitiert der Ort davon.

Der Name Barbara Ur fiel bereits in diesem Raum. Barbara, eine Künstlerin, die eigene künstlerische überreiche Welt beherrscht, begleitet Andrzej in allen seinen Lebensphasen. In vielen Werken Andrzejs ist ihr Gesicht, ihre Anwesenheit zu entdecken. Ein unzertrennlicher Teil des Lebenswerkes der Piwarskis.

Ihr gemeinsamer Sohn Tomasz, Künstler, der das Glück hatte, nicht nur die Talente der Eltern geerbt zu haben, aber auch an der Kunstakademie in Düsseldorf als Meisterschüler der Professorin Rissa studiert zu haben, gründete seine eigene Künstlerwelt. Viele bedeutende Galerien und Museen zeigen seine Werke. Und der nächster Piwarski in der Reihe wächst nach.

Lieber Andrzej ich möchte Dir herzlich, auch im Namen meines Ehemannes, der heute an den Feierlichkeiten nicht teilnehmen kann, herzlich zu dieser besonderen Auszeichnung gratulieren.
Es ein Zeichen der Anerkennung von der höchsten polnischen Stelle.
Diese hast Du Dir, auch in unserer Augen, Deiner Freunde, wahrhaftig verdient, was ich in dem bescheidenen Ausschnitt aus Deinem Leben und Werk zu vermitteln versuchte.

VERONIKA GRABE, Essen – Verleihung des Kavalierskreuzes des Verdienstordens der Republik Polen an Andrzej Jan Piwarski – Generalkonsulat der Republik Polen in Köln – 23.3.2004

Dr.ANDREA BÜSING – Einführung zur Ausstellung Andrzej Jan Piwarski – Rathaus-Duderstadt 1998

…So ist Andrzej Piwarski sich bewusst, dass er als Künstler die Möglichkeit hat, mit der Zeit – als Material zu arbeiten. Er sagt: “Ich will Zeit malen” – in seinen Bildern sei Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gespeichert, letztgenanntes auch im Hinblick auf den Betrachter und dessen Reaktion. Piwarski will den Dialog mit dem Betrachter, er male zur Hälfte für sich und zur Hälfte für das betrachtende Gegenüber, das die Symbole enträtseln und darauf reagieren soll.
Die Farben – als Grundtönung des Bildes – werden bei ihm zu Flächen, was der kraftvollen Dynamik seiner Pinselführung nicht widerspricht. Piwarski interessiert die Struktur des Farbauftrags und die Art, wie mit der Farbe umgegangen werden kann. Er sagt, alle Maler seit 1000 Jahren haben dieselbe Materie, nämlich die Farbe, zu Verfügung. Die “Spur des Künstlers” (man könnte auch sagen: die Handschrift des Malers) sei das, was zwischen der nassen und der trockenen Farbe passiere. Daran könne man den Charakter des Malers erkennen. So ist Piwarski´s Hauptsprache, die Struktur der Farbe. Und er liebt starke Strukturen, daher die gespachtelte oder mit Sand und anderen Materialien vermischte Farbe. Das ergibt die Räumlichkeit der Bilder: sie leben aus Verdichtungen der Farbe, aus sich überlagernden Farbschichten bis hin zu perlend feinen Farbresten, wie eine sich verflüchtigende Erinnerung…
Dr.ANDREA BÜSING – Einführung zur Ausstellung Andrzej Jan Piwarski – Rathaus-Duderstadt 1998

MONIKA WERNER – “Kölner Stadt-Anzeiger Nr.244 – 21.10.1997”

…Engten vordem ideologisch-politische Grenzen den Rahmen für seine künstlerische Entfaltung ein, so steht nun die Auseinandersetzung des modernen Großstadtmenschen mit seiner komplexen Umwelt, seinen Problemen, im Vordergrund. Er wolle mit der Zeit festhalten, Spuren sichern, so Piwarski über seine Bilder, die “einen Schritt vor dem Abstrakten” seien. In dem schweren, pastösen Farbauftrag werden mit Fremdstoffen wie Sand, Marmormehl und Kohlenstaub – die mit Farb- und Bindemitteln vermischt werden – Reliefs geschaffen. Zeichen, Buchstaben, Gleichungen und Körper wirken wie Hieroglyphen, lassen mit Schatten- und Lichtflächen ein dreidimensionales Zeitzeugnis entstehen…
MONIKA WERNER – “Kölner Stadt-Anzeiger Nr.244 – 21.10.1997”

JUTTA KOBUTH – Einführung zur Ausstellung Andrzej Jan Piwarski – Atelier Rita Theis Gelsenkirchen 1997

…Einhergehend mit der inhaltlichen Vielschichtigkeit zeigt sich die formale. Inder Komposition werden Farben, Materialien und Strukturen in mehreren Schichten aufgetragen. In der Verdichtung der sich so überlagernden Farbschichten konkretisiert sich zugleich die räumliche Dimension, die einen grenzenlosen Raum bezeichnet.
Die Materialien, die der Künstler hierzu verwendet, sind Öl, Sand und auch Marmormehl … und Farbe.
Die Farbe emanzipiert sich in den Bildern Piwarskis vom reinen Mittel zur Darstellung hin zum elementaren Bildfaktor; sie ist Hauptträger des Ausdrucks seiner magischen Kompositionen.
Seine blauen Werke zeugen von einer expressiven, ja sogar vehementen Malerei. Aber Andrzej Piwarski beherrscht auch weitere Tonarten: Die Gemälde Spanien und Zeitspuren faszinieren den Betrachter durch ihren nahezu lyrischen Stimmungsgehalt. – Eine Magie der sanften Art…
JUTTA KOBUTH – Einführung zur Ausstellung Andrzej Jan Piwarski – Atelier Rita Theis Gelsenkirchen 1997

Dr.KRZYSZTOF RUMINSKI – Einführung zur Ausstellung Andrzej Jan Piwarski – Galerie Art Contact – Bergisch Gladbach 1997

. ..Und noch etwas scheint Andrzej Piwarski charakteristisch zu sein – die subtile, präzise aufeinender abgestimmte Farbigkeit der Leinwände. Sie schwankt zwischen warmen, rötlichen und ockerfarbenen Flächen, die an die verstaubten Hausfassaden in der spanischen Landschaft erinnern und einer kühlen weis-grauen Maserung, die mit dem stechenden Ultramarinblau der großstädtischen Neonreklamen korrespondiert.
Mit kontrollierter Präzision gestaltete Malerei, eine gemalte Kalligraphie, die Bühne des Lebens – das ist es, was Andrzej Piwarski auf seinen Leinwänden zaubert. Treten Sie in diese Welt ein und lassen Sie diese Bilder auf sich wirken…
Dr.KRZYSZTOF RUMINSKI – Einführung zur Ausstellung Andrzej Jan Piwarski – Galerie Art Contact – Bergisch Gladbach 1997

MANFRED KRAUSE – “Westdeutsche Allgemeine Nr.257, 3.11.1995”

…Gegenwart und Vergangenheit ergänzen sich in den meditativen Kompositionen, die der Künstler “Zeitspuren” nennt. In den Bildern erwacht die Erinnerung an Geschichte und führt zu Strukturen, die heutige Zustände transparent machen. Raum und licht prägen die magischen Landschaften, die aus der Empfindung erwachsen und auf gesellschaftliche Verhältnisse anspielen.
So reduziert die philosophischen Betrachtungen wirken, so nachdenklich und sparsam geht Piwarski auch mit den Farben um. Blaugraue Bilder, in ihrer Kühle von Gitterrastern umschlossen, kontrastieren mit Arbeiten in warmen erdhaften Tönen. Aus vielen Motiven, in denen der Maler menschliche Geschichte von Fassaden und Steinen abgelesen hat, spricht die große Liebe zu Spanien.
Was auf der Fläche als Bühne der Seele oft nur vage angedeutet ist, kann sich zu Rissen und Aufbrüchen voller Plastizität steigern…
MANFRED KRAUSE – “Westdeutsche Allgemeine Nr.257, 3.11.1995”

TOESTEN SIEMON – “Rahdener Zeitung 15/16.19.1994”

…Obwohl Piwarski Kunst als Widerstand, als eine Form der Aufbegehrens versteht, ist er eher ein philosophischer denn ein politischer Maler. Der Alltagsweit ist ihm Anregung, nicht Thema. Das Werk des 56jährigen kreist um menschliche Grenzerfahrungen im antrophologischen Sinne: “Spuren des Menschen” heißt der in Rahden ausgestellt Bilderzyklus, der sich mit dem Empfindungskosmos des modernen Menschen auseinandersetzt. Zivilisationsprobleme, unbewusste Ängste, kollektiver Identitätsverlust und die in der französischen Psychoanalyse und Philosophie jüngst (Lucan, Foucault) häufig sein Schaffen. Piwarskis Bilder bewegen sich an der Grenze zur abstrakten Kunst, nehmen ihren Ausgang aber von “konkreten” Skizzen und Studien, die der Künstler im Schaffensprozess allmählich objektiviert und zu gültigen Symbolen verarbeitet: “Ich tilge den Teil der Realität aus meinem Werk, der sich meiner künstlerischen Komposition nicht einfügt”, erläutert er.
Dass seine Kunst nicht voraussetzungslos ist – “ein wenig von der Geschichte der Malerei zu verstehen, kann dem Besucher nicht schaden” – gibt Piwarski zu.
TOESTEN SIEMON – “Rahdener Zeitung 15/16.19.1994”